Der Innere Raum – Unendliche Weiten!*

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir wissen, dass uns Raum umgibt, viel seltener sind wir uns aber unseres eigenen Raumes bewusst – unserer Größe, unserer Form, des Raumes, den wir einnehmen. Oft verkleinern wir uns auf zwei Arten, die miteinander Hand in Hand gehen: 1. Durch zu viel Spannung, die uns tendenziell nach unten und innen zieht und uns im Endeffekt zusammenquetscht; und 2. durch ein Kollabieren (oft als ‘Entspannen’ umschrieben), das uns letztlich auch komprimiert und unsere Form und unsere Größe vermindert. Beides verringert unseren ‘inneren Raum’, was sich wiederum auf das Funktionieren unseres gesamten Organismus auswirkt, sowohl physisch als auch psychologisch. Zum Beispiel dadurch, dass unsere Atemkapazität vermindert wird, Gelenke komprimiert werden, Blutgefäße verengt werden und wir uns daher auch kleiner fühlen. In der Alexander-Technik ist nicht eine fixe Idee wie wir sein sollten der Ausgangspunkt – nicht eine vordefinierte ‘ideale’ Haltung – sondern wir lernen wie wir verhindern können uns selbst einzuengen. Wir stellen uns mit der Alexander-Technik die Frage wie wir uns unsere wahre Größe und Form erlauben können. Das ist tatsächlich ein ‘Erlauben’ und kein Aufzwingen. Wir können uns erlauben den Raum, den wir bewohnen, auch wirklich einzunehmen. Dies ist viel mehr eine ‘innere’ Ausdehnung als eine ‘äußere Ausdehnung’ (obwohl es auch sichtbare Effekte gibt, aber diese sind Nebeneffekte und nicht das primäre Ziel der AT). Die Alexander-Technik lädt Sie ein dorthin vorzudringen, wo Sie vielleicht noch nie zuvor gewesen sind – in ihren persönlichen und individuellen Raum.

* Wir entschuldigen uns bei Raumschiff Enterprise (Star Trek).

 

Die Praxis des Hinlegens – Schritt 3/3

Ihr Alexander-Technik Lehrer oder ihre Alexander-Technik Lehrerin wird ihnen die klassischen „directions“ (Anweisungen, Richtungen) gegeben haben (in etwa „der Hals kann sich lösen, der Kopf ist frei nach vorne und oben zu gehen“ usw., die genaue Formulierung hängt jeweils vom/von der individuellen LehrerIn ab). Es sind dabei „inhibition“ (Nicht-Tun, Innehalten) und „direction“ im Denken eng verbunden. Jeder „direction“ muss „inhibition“ vorangehen, sodass der ganze Prozess im Grunde Prävention und Nicht-Tun ist. Die Ausdehnung und das allgemeine Sich-Lösen des muskulären Systems ist zuallererst ein Ent-Tun, und nur allmählich wird es zu einem subtilen Tonisieren der Muskulatur, wobei das gesamte neuro-muskuläre System belebt und aufmerksam und in einem Zustand der Bereitschaft ist. Die Praxis des Hinlegens hilft dieses Denken („inhibition“ und „direction“) zu üben, das man dann in den alltäglichen Aktivitäten fortsetzen kann. Die Erfahrung des Hinlegens informiert daher die Art und Weise wie man das tägliche Leben bewältigt.

Viele Menschen finden diese (am Papier) einfache Praxis schwierig, aber mit Zeit und Übung wird es leicht und fließend.

(Image adapted from Directed Activities by Gerard Grennell (© Mouritz, 2002).)

Die Praxis des Hinlegens – Schritt 2/3

Während das Einnehmen der physischen Position einfach ist, erfordert die mentale Haltung etwas Übung. Zuallererst ist dies eine Haltung des Beobachtens und Nichteingreifens. Es kann etwas Zeit erfordern dem mental-physischen System zu erlauben ruhiger zu werden; ein Ausmaß von Stille zu erreichen, in dem man nicht mit wandernden Gedanken beschäftigt ist, wie zum Beispiel was man getan hat oder noch tun wird. Wir möchten einen Punkt erreichen, an dem es in Ordnung ist präsent zu sein, sich selbst ohne Urteil zu beobachten und nicht zu versuchen die Position zu korrigieren. Ruhig hier und jetzt zu sein, wobei Aufmerksamkeit ganz von selbst geschieht. Die Augen sind offen, die Aufmerksamkeit ist sanft. Es ist nicht Arbeit, es ist nicht Schlaf. Viele Gedanken und Gefühle mögen durchziehen, aber man beobachtet diese nur während sie durchlaufen.

Dann beobachtet man die eigene Atmung ohne sie zu stören. Für einige wird das Hinwenden der Aufmerksamkeit auf die eigene Atmung diese sofort verändern. Mit der Zeit und mit einer nicht-eingreifenden Aufmerksamkeit kann man die eigene Atmung beobachten ohne sie zu verändern. Das ist der zweite Schritt.

(Bild mit freundlicher Genehmigung von © www.speek.de.)

Die Praxis des Hinlegens – Schritt 1/3

 

Das Sich-Hinlegen (es hat innerhalb der Alexander-Technik mehrere unterschiedliche Namen) ist eine klassische Praxis in der Alexander-Technik. Man liegt dafür auf einer festen Unterlage, die Knie zeigen zum Himmel, und der Kopf ist von ein paar Büchern gestützt, sodass der Kopf nicht nach hinten gezogen wird, sondern ein Loslassen des Halses und die Länge der Wirbelsäule gefördert werden. Generell bedeutet das, dass die Halswirbel mehr oder weniger mit dem Rest der Wirbelsäule ausgerichtet sind, die natürlichen Kurven der Wirbelsäule erlaubend. Die Hände werden platziert wo es für das Ziel von gelösten und weiten Schultern angenehm erscheint. Diese Position begünstigt Länge und Weite und wird im Detail für jeden Menschen unterschiedlich sein.

Diese Position an sich ist schon günstig. Das Aufstellen der Beine mit den Knien nach oben hilft ein Ziehen der Muskulatur am unteren Rücken zu vermindern. Während dem Liegen reabsorbieren die Bandscheiben Flüssigkeit (darum sind die meisten Menschen am Morgen 1-2 cm größer als am Abend)*  und der Rücken- und Halsmuskulatur wird eine – für die meisten Menschen nötige und willkommene – Ruhephase gegönnt.

Sich für 10-15 Minuten täglich so hinzulegen ist eine sehr nützliche Praxis. Dies ist ein erster Schritt.

* ‘Diurnal changes in the profile shape and range of motion of the back’ by P. Wing et al. in Spine 1992 Jul;17(7):761-6.

(Bild aus Voice Power von Michael McCallion (© Mouritz, 2012).)

Bewegen und Denken

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unsere Gedanken und Gefühle sind in unseren Haltungen und Bewegungen reflektiert. Umgekehrt beeinflussen auch unsere Haltungen und Bewegungen unser Denken. Unsere Haltungen und Bewegungen geben oft mehr Aufschluss über uns selbst als was auch immer wir in Hinblick auf uns selbst glauben. Mit der Alexander-Technik lernen wir Gewohnheitsmuster im Denken und Bewegen, die die Haltung und z.B. den Gang beeinflussen, zu durchbrechen. Schrittweise befreien wir uns von erstarrten Haltungsmustern, das heißt von fixierten Bewegungs- und tatsächlich auch Seinsgewohnheiten. Die Alexander-Technik gibt uns keine ‚richtigen‘ Positionen oder ‚richtigen‘ Haltungen, sondern die Freiheit eine Wahl zu treffen. Was wir wählen beeinflusst wie wir denken und uns bewegen, aber wir wählen selbst. In der Alexander-Technik geht es letztlich darum, Freiheit im Denken und Bewegen zu entwickeln.

Abfedern

 

 

 

Die Alexander-Technik hilft uns dabei unsere Energien im täglichen Leben effizient einzusetzen. Ein Beispiel: Beim Gehen oder Laufen konservieren wir Energie durch die Elastizität unserer Sehnen und Muskeln. Wenn der Fuß auf den Boden auftrifft wird mechanische Energie in diesen elastischen Elementen gespeichert, die dann beim ‘Abstoßen’ vom Boden wieder freigesetzt wird. Die Energie wird als ein elastisches Abfedern (oft gut in Kindern oder vierbeinigen Tieren beobachtbar) wiedergewonnen. Dieser Effekt ist abhängig von der Elastizität der beteiligten elastischen Elemente und diese wiederum ist abhängig von der Dehnung, die die elastischen Elemente in der Bewegung erlauben können. Aus dem gleichen Grund kann ein Tennisball gut springen und eine Bowlingkugel nicht so gut. Steifheit und Starrheit sorgen nicht für Dehnung und Elastizität, Gehen und Laufen werden dann schwer und träge, jeder Schritt benötigt mehr Energie und die Muskulatur ermüdet schneller. Das Ausüben und Anwenden der Alexander-Technik schafft Länge und Ausdehnung in unserer gesamten Muskulatur, bei jeglicher Aktivität. Mit der Alexander-Technik lernen wir eine ‘innere Dehnbarkeit’ zu erlangen – wir müssen dafür keine besonderen Übungen ausführen, es gibt keine spezifischen ‚Dehnungsübungen‘ in der Alexander-Technik. Auch im alltäglichen Sitzen oder Stehen können wir der Muskulatur erlauben sich zu längen, dann wird sie in der Lage sein beim Gehen oder Laufen elastisch zu federn. Das ist eine von mehreren Arten und Weisen wie die Alexander-Technik Leichtigkeit und Effizienz fördert.

Aufmerksamkeit

 

 

Aufmerksamkeit, präsent sein, Achtsamkeit – welches Wort auch immer wir für die Qualität des wach und aufmerksam Seins verwenden, diese Qualität wird universell für erstrebenswert erachtet. Das reicht von der Ermahnung im Klassenzimmer “Pass auf! Sei aufmerksam!” bis hin zu ‘modernen’ Methoden der Achtsamkeit (‘modern’ in Anführungsstrichen, weil einige dieser Achtsamkeitspraktiken ihren Ursprung im Buddhismus haben). Das Problem ist, dass aufmerksam sein leicht wieder etwas wird, das man ‘tun muss’, so als ob Aufmerksamkeit etwas ist wofür man sich anstrengen muss. Aufmerksamkeit – im Sinne von Wahrnehmung – geschieht jedoch grundsätzlich von selbst. Alles was wir sicherstellen müssen ist, dass wir unsere Aufmerksamkeit nicht behindern. Wir behindern sie zum Beispiel dadurch, dass wir nicht präsent sein, nicht im “Hier und Jetzt” sein wollen. Warum nicht? Vielleicht fühlen wir uns unbehaglich, sind müde, gestresst, oder verspannt. Dann sind wir nicht gerne im Hier und Jetzt, weil es unangenehm ist. Viele quälende Wehwehchen, Verspannungen und ‘Ungemütlichkeiten’ können mit der Alexander-Technik gelindert oder beseitigt werden. Mit der Alexander-Technik lernt man in sich selbst gelöst zu sein und wenn man sich ‘in seiner eigenen Haut’ wohlfühlt, passiert Aufmerksamkeit ganz spontan.

Neue Studie zum Verhältnis Kopf-Hals-Rücken

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Verhältnis von Kopf, Hals und Rücken ist fundamental in der Alexander-Technik. Eine ausgewogene Ausrichtung des Kopfes auf dem Hals, resultierend aus einem adäquaten muskulären Tonus des Halses, ist mit koordiniertem und effizientem Sitzen und Bewegen assoziiert. Mit der Alexander-Technik wird gelernt, einem gewohnheitsmäßigen Bewegungsverhalten, das die Balance des Kopfes auf der Wirbelsäule stört, vorbeugen zu können. Typischerweise beginnt eine gewohnheitsmäßige Bewegung schon, wenn wir die Bewegung nur antizipieren oder vorbereiten. Wissenschaftler haben dies nun weiter untermauert. Studien haben gezeigt, dass eine vorgestreckte Kopfhaltung (der Kopf wird im Verhältnis zum Körper weiter vorne gehalten) in einer gebückten Haltung resultiert, die mit einer Reihe von chronischen Beschwerden assoziiert ist. Eine neue Studie aus den USA hat nun zusätzlich gezeigt, dass die vorgestreckte Kopfhaltung in gesunden Erwachsenen verstärkt wird, wenn Bewegung (zielorientiertes Gehen) antizipiert wird. Individuen, die dieses Bewegungsverhalten stärker zeigten, hatten auch eine geringere Impulskontrolle als jene, die dieses Bewegungsverhalten in geringerem Maß zeigten. Dies deutet darauf hin, dass eine vorgestreckte Kopfhaltung (‚Handy-Nacken‘) mit einem geringeren Vermögen Impulsen zu widerstehen verbunden sein könnte. (‚Geringere Impulskontrolle‘ bedeutet in etwa zu rasch auf einen Stimulus etwas zu tun zu reagieren.)
Hier der link zur Studie: ‘Neck posture is influenced by anticipation of stepping’, in Human Movement Science vol. 62, pp. 108–22.

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0167945718300277.

Balance des Kopfes


Das Balancieren des Kopfes auf der Wirbelsäule ist zentral in der Alexander-Technik. Nicht aus ästhetischen Gründen, obwohl ein gut balancierter Kopf elegant aussieht, sondern weil es wesentlich weniger muskuläre Anstrengung erfordert. Das Gewicht des Kopfes eines erwachsenen Menschen liegt zwischen 4,5-5,5 kg. Wenn sie eine 5-Liter Wasserflasche aufheben, bekommen sie einen Eindruck von dem Gewicht, das sie auf ihrer Wirbelsäule tragen. Verschiedene Studien haben die zusätzliche Belastung berechnet, die sich ergibt, wenn der Kopf (und oft auch der Hals) vor der Linie der Schwerkraft getragen wird. Eine Studie legt nahe, dass es schon einem Gewicht von 15kg anstatt von 5kg entspricht, wenn Kopf und Hals nur 15 Grad weit vorgeneigt sind. Das bedeutet, dass die Rückenmuskulatur umso mehr arbeiten muss und der erhöhte Druck auf den Brustkorb möglicherweise die Atmung behindert. Mit der Alexander-Technik lernen sie unnötige Muskelspannung zu lösen, sodass sich die Muskulatur entlang der Wirbelsäule und im Rücken ausdehnen kann und dadurch dem Kopf erlaubt frei und mit minimaler Anstrengung auf der Wirbelsäule zu balancieren.

Ganzheit beim Gehen

‚Einen Schritt zu tun ist nicht nur Angelegenheit von diesem oder jenem Körperteil, sondern der gesamten neuromuskulären Aktivität im jeweiligen Moment, nicht zuletzt derjenigen von Kopf und Hals.‘, so der berühmte und mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Physiologe Sir Charles Sherrington. Dies war ein Tribut für Alexander’s Technik, der folgende Satz war vorangestellt: ‚Herr Alexander hat dem Fachgebiet dadurch einen Dienst erwiesen, dass er konsequent jeden Akt als das ganze integrierte Individuum, den ganzen psychophysischen Menschen, einschließend behandelt.’*

Die Alexander-Technik zeigt wie Geist und Körper als ein Ganzes arbeiten. Nehmen wir das Gehen als Beispiel. Gehen erfordert eine gewisse Freiheit der Gelenke, besonders Hüft-, Knie- und Fußgelenke sollen sich frei beugen können. Die Freiheit der Gelenke hängt unter anderem davon ab, inwiefern Muskeln mühelos länger werden können. Muskeln, die zu verspannt sind, schränken eine freie Bewegung der Gelenke ein und können diese komprimieren, sodass das Gehen steif und anstrengend wird. Mit der Alexander-Technik lernen Sie, die Muskulatur bei einer Bewegung sich ausdehnen zu lassen, besonders die Muskulatur von Kopf und Hals, sodass die Wirbelsäule eine Tendenz zur Länge hat, und Gelenke nicht unnötig komprimiert werden. Dies wiederum erlaubt flinke und mühelose Bewegungen der Gelenke, sodass das Gehen leicht und effizient sein kann.

Sie sind herzlich eingeladen bei einem unserer kostenlosen ‚Open Hours‘ Events einen Eindruck von der Alexander-Technik zu gewinnen.
Im Rahmen von Einzelstunden kann die Alexander-Technik praktisch erarbeitet werden.

[* Zitat aus ‚The Endeavor of Jean Fernel‘ von Sir Charles Sherrington (Cambridge, 1946), diese Passage übersetzt aus dem Englischen von Regina Stratil.]